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Die EU verurteilt saudische Piraterie

Das vergangene Jahr war für die Anbieter illegaler IPTV-Inhalte recht unruhig. Sie wussten nicht, wann die Polizei auch bei ihnen zuschlagen würde. Und das taten die Behörden auch, und zwar recht erfolgreich. Neben der Hardware fielen den Fahndern Kundendaten, die Adressen der Reseller und vor allen Dingen Konten in die Hände. Insgesamt verloren die IPTV-Piraten rund 90 Millionen Euro bei den staatlichen Aktionen. In der Ausgabe 17 des TecTime-Magazins packt ein Insider aus und nennt Namen und Einnahmen eines noch existierenden IPTV-Anbieters.

EU Bericht

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Bei so viel Aktionismus der Behörden fragte man sich, wann die größte Piratenorganisation – Leute, die dem saudischen Königshaus recht nahestehen – dran sei. Es geht um den illegalen Sender „BeoutQ“ mit Sitz in Saudi-Arabien, der seit Jahren legale Inhalte des Sportsenders „beIN“ aus Quatar klaut und gegen Bezahlung weiterverbreitet. Das TecTime Magazin berichtete in zwei Folgen im vergangenen Jahr in einem investigativen Bericht zusammen mit Al Jazeera darüber. Wenn man die Spuren des Mordes an dem Journalisten Jamal Ahmad Khashoggi, des gehackten Mobiltelefons von Amazon-Gründer Jeff Bezos oder die Macher von BeoutQ verfolgt, landet man immer vor dem Eingang des saudischen Königshauses. Kronprinz Mohammed bin Salman al-Saud regiert das Land mit eiserner Hand und ohne seine Zustimmung gäbe es keinen Mord, kein gehacktes Telefon und schon gar nicht eine illegale Sendergruppe, die am Beginn ungeniert über den BADRE-Satelliten (Arabsat) sendete.

Im Januar wurde die EU endlich aktiv und macht in einem Report Saudi-Arabien dafür verantwortlich, „den EU-Unternehmen erheblichen Schaden zuzufügen“, nachdem beoutQ und Arabsat in Saudi-Arabien zwei Jahre lang europäische Sportprogramme gestohlen hatten.

Saudi-Arabien wurde auf der Grundlage von Klagen der Rechteinhaber und Rundfunkanstalten – einschließlich der UEFA, der Premier League, der LaLiga und (als Hauptziel der saudi-arabischen Piraterie) der beIN MEDIA GROUP – der schweren Urheberrechtspiraterie beschuldigt.

Der Bericht hebt die „ernsthaften Mängel“ beim Schutz und der Durchsetzung des geistigen Eigentums in Saudi-Arabien hervor und stellt fest:

„BeoutQ stellt – ohne Genehmigung – Inhalte von EU-Sportveranstaltern und EU-Rechtsinhabern (Autoren und verwandte Rechteinhaber) im Gebiet Saudi-Arabiens, des Nahen Ostens und Nordafrikas sowie in der EU zur Verfügung“. Saudi-Arabien unternimmt keine ausreichenden Schritte, um die Rechtsverletzungen zu beenden, obwohl die Satellitendienste von BeoutQ {bis vor kurzem noch} über den Satelliten (Badr-4/Arabsat- 4b) übertragen wurden“.

Illegaler beoutQ Uplink (Foto: anonymer Insider)

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Im vergangenen Jahr erklärten die acht führenden Gremien des Weltfußballs öffentlich, dass sie nicht in der Lage seien, ein Verfahren wegen Urheberrechtsverletzung in Saudi-Arabien einzuleiten, da die saudische Regierung als ihr eigener Richter und ihre eigene Jury agiert, indem sie jegliche rechtliche Schritte gegen sie nicht genehmigt bzw. ihr Veto einlegt.

Da das Verfahren gegen Saudi-Arabien bei der Welthandelsorganisation („WTO“) fortgesetzt wird und andere Regierungen (insbesondere die US-Regierung und die Regierung des Vereinigten Königreichs) beoutQ und Arabsat weiterhin verurteilen, unterstreicht die Europäische Kommission schließlich, wie Saudi-Arabien Forderungen, Vorschriften und die grundlegende Rechtsstaatlichkeit einfach ignoriert (unter Bezugnahme auf eine ursprünglich von der BBC und Sky geforderte Demarche bezüglich beoutQ ):

 „Im August 2018 unternahm die EU eine offizielle Demarche, um Saudi-Arabien aufzufordern, geeignete Maßnahmen gegen die Satelliten- und Online-Piraterie von Fernsehprogrammen zu ergreifen, die auch den Rechteinhabern der EU gehören. Da es keine Reaktion oder Aktion gab, legte die EU aufgrund ihres systemischen Interesses an der korrekten und konsistenten Auslegung und Anwendung des TRIPS-Abkommens und der Berner Übereinkunft, sowie aufgrund ihrer Besorgnis über die Auswirkungen auf die EU-Akteure eine schriftliche Stellungnahme von dritter Seite im WTO-Streit vor.


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Tatsächlich hat sich Saudi-Arabien zuletzt über sein Medien-Ministerium öffentlich zu dieser Angelegenheit geäußert:

„Es ist eine grundlose Behauptung, dass Saudi-Arabien irgendwie an den Sendungen von beoutQ mitschuldig ist und diese Behauptung sowohl das saudische Volk beleidigt als auch eine böswillige Lüge ist“.

Yousef Al-Obaidly, CEO der beIN MEDIA GROUP, kommentierte den Bericht mit den Worten:
„Der jüngste Bericht der Europäischen Kommission fordert Saudi-Arabien zur Wahrung der Rechtsstaatlichkeit au. Das hat nichts mit Politik zu tun – es ist schlicht und einfach kommerzieller Diebstahl. Wir versammeln uns nicht gegen Saudi-Arabien, sondern gegen jede Nation, jedes Unternehmen oder jede Einzelperson, die Sportinhalte stiehlt.“

Bisher hatte Saudi-Arabien eine unschlagbare Waffe gegen jegliche Einmischung von außen: der Ölhahn. Doch die Zeiten haben sich geändert, denn Öl wird weniger gebraucht und es gibt genug davon. Nun wird Kronprinz Mohammed bin Salman al-Saud nicht gleich festgenommen, wie seine illegalen Kollegen aus der Piraterie-Szene in den USA und Europa, doch wirtschaftlicher Druck ist auch ein Mittel zur Resozialisierung.